Fachkräftemangel führt zu hoher Arbeitsbelastung

59 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sehen einen Mangel an Personal in ihrem Unternehmen. Das führt zu einer steigenden Arbeitsbelastung (31 Prozent), stockenden Arbeitsabläufen und -prozessen und einer wachsenden Bereitschaft, den Job zu wechseln (je 14 Prozent). Fast jeder zweite Arbeitnehmer (44 Prozent) fühlt sich im Unternehmen außerdem nicht gefördert und 50 Prozent können keine Aufstiegschancen erkennen.

Das hat die diesjährige HDI Berufe-Studie ergeben, für die 3.864 Erwerbstätige in Deutschland befragt wurden. „Der Fachkräftemangel ist inzwischen im Herzen der deutschen Wirtschaft angekommen und wird sich in den kommenden Jahren durch das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge noch verstärken. Das stellt Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen in puncto Leistungsfähigkeit, Prozesssicherheit und Kundenservice“, warnt Jens Warkentin, Vorstandsvorsitzender von HDI Deutschland.

Schlechter Chef ist Kündigungsgrund

Beschäftigte, die sich von ihrem Arbeitgeber gefördert fühlen, sagen weit häufiger als Beschäftigte, die sich nicht gefördert fühlen, dass ihnen „der Beruf viel bedeutet“ (58 Prozent zu nur 37 Prozent) und sie ihn „als sinnstiftend empfinden“ (57 Prozent zu 38 Prozent). Ebenfalls nehmen sie den digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft viel häufiger als hilfreich an (63 Prozent zu 42 Prozent) und trauen auch dem mobilen Arbeiten deutlich öfter bessere Ergebnisse zu (48 Prozent zu 37 Prozent).

Jeder zweite Angestellte in Deutschland würde wegen schlechten Vorgesetzten kündigen, bei den unter 40-Jährigen sind es 56 Prozent (45 Prozent bei Älteren). Die Gehaltshöhe hat auf die Kündigungsbereitschaft nahezu keine Auswirkung.

Nachlassende Berufsbindung – vor allem bei der Generation Y

Zum ersten Mal sagen weniger als die Hälfte aller Erwerbstätigen in Deutschland, dass ihnen „der Beruf viel bedeutet“ (47 Prozent). Das ist der niedrigste Wert seit Start der jährlichen HDI Berufe-Studie 2019. Allein gegenüber 2022 (58 Prozent) ist das ein Rückgang um rund ein Fünftel.

Weniger als die Hälfte stimmen inzwischen auch der Aussage zu, dass „sie sich ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen können.“ Interessant dabei: Die Berufsbindung der 30- bis 44-Jährigen (entspricht ungefähr der Generation Y) ist inzwischen die niedrigste aller Generationen.

Die größte Sorge der Erwerbstätigen beim Personalmangel in Deutschland ist, dass die Gesundheit der Beschäftigten und das Arbeitsklima Schaden nehmen (35 Prozent). Als zweitgrößte Sorge gilt aber schon, dass es zu einem Wissensverlust („Brain drain“) kommt, weil Mitarbeiter nicht oder nur verzögert ersetzt werden und so ihre Kenntnisse nicht weitergeben können (29 Prozent).

Als beste Maßnahme für Unternehmen, sich im Wettbewerb, um Personal durchzusetzen, nennen die Beschäftigten eine höhere Entlohnung (46 Prozent), die Einführung der 4-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich (30 Prozent) und Benefits neben dem Gehalt wie Betriebsrenten oder Bonussysteme (25 Prozent).

Starkes Interesse am Arbeiten im Rentenalter

Höhere Entlohnung (26 Prozent) und die 4-Tage-Woche (25 Prozent) sind auch die am häufigsten genannten Bedingungen, unter denen Beschäftigte über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten würden. Nur ein Viertel aller Arbeitnehmer schließt das grundsätzlich für sich aus. Am häufigsten innerhalb der Berufsgruppen können sich mit 82 Prozent die Beschäftigten im IT-Bereich das Weiterarbeiten vorstellen.

Fotocredit: Rajahanan5048/Freepik.com

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Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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